St. Peter und Paul Reißing
Kleiner Führer durch die Filialkirche St. Peter und Paul zu Reißing
zum Abschluss der Innenrenovierung und der Feier der Altarweihe am 20.10.2002
Schon von weitem ist die ehemalige Pfarr- und jetzige Filialkirche St. Peter und Paul am Ortsrand von Reißig zu sehen. Erste Erwähnung fand das Gotteshaus bereits 1162, als es der Bischof zusammen mit der Filiale Holzharlanden dem Kloster Weltenburg vermachte, was am 25.7.1399 nochmals urkundlich bestätigt wurde. 1651 wurde das näher liegende Buchhofen gegen Holzharlanden als Filiale eingetauscht. Infolge der Säkularisation 1803 kam die Pfarrei Reißing mit Buchhofen 1805 zur Pfarrei Teuerting mit der Filiale Unterwendling. Diese wird seit 1995 gemeinsam mit der Expositur Einmuß sowie deren Filiale Oberschambach wieder vom Kloster Weltenburg betreut.
Bei der Befunduntersuchung zur Innenrenovierung der Kirche 2001/2002 wurden in der heutigen Sakristei, dem ehemaligen Chorraum einer Kirche aus der Zeit um 1300, unter Brandspuren Reste gotischer Wandmalereien entdeckt. 1736 brannte die Chorturmanlage infolge von Blitzschlag ab. Einziges sichtbares Zeugnis der ursprünglichen Kirche ist eine Ölbergdarstellung aus Kalkstein an der Außenwand zwischen den Türen.
1739 kam es zur Grundsteinlegung für den heutigen Rokokobau unter der Leitung von Baumeister Jakob Amann aus Kelheim. Am 2.10.1740 erfolgte die Kirchweihe durch Abt Maurus Bächl von Weltenburg. Der Hochaltar stammt aus der Erbauungszeit, seine Fassung ist für 1757 belegt. Die Seitenaltäre sind eine Stiftung von 1749. Im 19. Jahrhundert fügte man den neuromanischen Turm hinzu. Innen wurde die Kirche 1886, 1910 und 1952 renoviert, außen 1980.
Um 1900 wurden anstelle des barocken Hochaltarbildes sowie der Figuren in den Seitenaltären Gemälde im Stil der Zeit eingefügt: Im Hochaltar oben der hl. Paulus, unten Simon Petrus mit der Kuppel des Petersdomes zu Rom im Hintergrund, wie ihm Christus die Schlüssel als Symbol der Binde- und Lösegewalt überreicht. Zur Linken wird das Hauptgemälde von der Statue Johannes des Täufers und zur Rechten von der Figur des Apostels und Evangelisten Johannes flankiert, ebenso wie der barocke Drehtabernakel von zwei kleinen Statuen der Kirchenpatrone Paulus und Petrus.
Am linken Seitenaltar befindet sich oben ein barockes Ölgemälde mit dem Tod des hl. Benedikt sowie einem Jugendstilbildnis der Maria Immaculata unten. In gleicher Art befinden sich am rechten Seitenaltar unten der hl. Josef sowie im oberen Teil die hl. Barbara. Vor diesem Altar hat rechts der barocke Taufstein der alten Pfarrkirche einen würdigen Platz gefunden, der zuvor kaum sichtbar war, weil er im rechten vorderen Wandpfeiler des Chorraumes halb eingemauert gewesen war.
An der rechten Langhauswand, schräg gegenüber der Rokokokanzel, hat nun das alte Chorbogenkreuz von 1620/30 einen passenden Ort zur Betrachtung gefunden, hängt ja im Chorbogen bereits eine Rosenkranzmadonna von 1680. Das angeheftete Herz trägt folgende Widmung: „Erneuert auf Kosten der Elis(abeth) Gruber v(on) h(ier) u(nd) Anna Köglmaier, Kath(arina) Herrmann am 25. März 1858. Michael Kammermaier, Bauer v(on) Buchhofen, hat dieses Bild hie(r)her vermacht u(nd) verlobt im Jahre 1735.“
Dem Kreuz entsprechend findet sich eine barocke Darstellung des leidenden Heilands an der Geißelsäule gegenüber an der linken Wand. Umgeben wird diese Darstellung Christi von den Barockfiguren des hl. Sebastian links und des hl. Wendelin rechts, welche bisher in der Obersakristei abgestellt waren. An der nördlichen Chorwand sieht man über der Sakristeitür die Statue des Erzengels Michael als Sieger über den Teufel.
Der neue Hauptaltar ist wie der Ambo von der Bildhauerin Annelie Kremer aus München in Kelheimer Auerkalkstein gestaltet und im Mittelteil mit Blatt- und Rankenwerk bemalt worden, das auf der Vorderseite des Altares das Lamm mit dem versiegelten Buch aus der Offenbarung des Johannes umgibt – ein tröstliches und ermutigendes Bild für uns und die ganze Schöpfung, die durch den geopferten und auferstandenen Herrn in der Endzeit heimgeholt wird in das Reich des Vaters. Anteil haben wir an seinem Heilswerk bereits hier in unserer irdischen Zeit durch die Messfeier, bei der wir hineingenommen werden in das Lebensopfer Jesu Christi. Mit ihm als Fürsprecher und Mittler treten wir in Lob und Dank und Bitte vereint vor den Thron Gottes.
Bei jeder Eucharistiefeier beten wir für Lebende und Verstorbene. Die Reißinger Kirche steht, südlich angelehnt an ihren mittelalterlichen Vorgängerbau, heute inmitten des Friedhofs. Vielleicht aber wurde der barocke Neubau auch bewusst auf ein altes Gräberfeld gesetzt. Zeichen für die Hoffnung auf Auferstehung sind die vielen alten Grabtafeln an der südlichen Außenwand und im Turmdurchgang.
Diesen entspricht nun auch eine mittelalterliche Grabplatte aus Abbacher Grünsandstein, die bei den Arbeiten für den Bodenunterbau im Kirchenschiff vorn links aufgefunden wurde und nun im rückwärtigen Teil der Kirche zu sehen ist. Ein Grabhügel mit einem Kreuz wird geziert von einem Schild mit einem Kelch.
Die lateinische Inschrift lautet etwa wie folgt: „anno dmi (domini) MCCCCXXXXV (1445) obiit … (?) dns (dominus) maurtus (Mauritius?) lerenpeutl … chanus (dechanus) in Rewssing cuis (cuius) aia (anima) requiescat in pace“ – In deutscher Übersetzung: „Im Jahre des Herrn 1445 verstarb der … (Hochwürdige?) Herr Mauritius Lerenpeutl, Dekan in Reißing, dessen Seele ruhe in Frieden.“
Zu erwähnen bleibt noch die Orgel auf der Empore. Das Instrument hat sechs Register auf einem Manual mit angehängtem Pedal. Es wurde von der Firma Carl Ludwig Edenhofer aus Regen um 1860 als seitenspielbare Brüstungsorgel erbaut.
Die drei Gemälde an der Emporenbrüstung zeigen dem Betrachter von links nach rechts wohl den Christenverfolger Saulus vor Damaskus, wie er beim Anblick Christi in den Wolken vom Pferd stürzt, in der Mitte den bekehrten Paulus im Gespräch vertieft, dabei rechts im Bild ein idyllisches Anwesen mit Schafen, und zuletzt ganz rechts seine Enthauptung in Tre Fontane vor den Toren Roms.
Wenden wir uns den Deckengemälden der Hohlkehle zu: Über dem linken Seitenaltar sind Simon Petrus und Andreas mit Jakobus und Johannes beim Fischfang, während Jesus am Ufer steht und mit Petrus spricht. Über dem rechten Seitenaltar dieselben Apostel, wie sie gefüllte Netze ins Boot ziehen, während Jesus wiederum zu Petrus spricht und die Hand zum Segen erhebt.
An der rechten Langhausseite, oberhalb des Kreuzes, sind zwei protestantische Prediger im Disput, denen Teufel in die Ohren blasen, während die Zuhörer abwartend danebenstehen. Im Hintergrund steht das von hellem Licht umstrahlte Gebäude der Kirche auf der Höhe eines Berges: „Petrus, der Fels“. An seinem Fuß hat sich die Diskussionsrunde versammelt. Auf diesem Hintergrund bietet das bekenntnishafte Thema des Gemäldes trotz aller zeitgebundenen Polemik ein sehr versöhnlich stimmendes Bild.
Diesem Fresko entspricht das Gegenstück auf der linken Langhausseite: Jesus überreicht Petrus die Schlüssel zum Zeichen der Binde- und Lösegewalt der Kirche. Der Anführer der Apostel ist umgeben von neun (!) weiteren Aposteln.
Rechts hinten oberhalb der Emporentreppe sehen wir die Heilung des Gelähmten im Tempel durch Simon Petrus in Begleitung des jugendlichen Apostels Johannes im Halbprofil.
Gegenüber, links hinten, weitere Heilungswunder des Petrus in Jerusalem als Zeichen zu Umkehr und Glauben für das Volk, wie sie die Apostelgeschichte überliefert hat.
Zwischen diesen ermutigenden Bildern des Petrus als Rahmen am eigentlichen Hauptdeckenfeld ein gemischter Anblick – vorn oberhalb des linken Seitenaltares Soldaten, die zur Gefangennahme Jesu im nächtlichen Ölberggarten schreiten, der Judaskuss und Petrus, wie er zur Verteidigung Jesu dem Diener des Hohenpriesters mit dem Schwert ein Ohr abschlägt.
Gegenüber, oberhalb des rechten Seitenaltares die Dienerschaft im Hof des Palastes am wärmenden Feuer und Petrus, von einer Magd entdeckt, wie er Jesus verleugnet.
Entsprechend ist links hinten Petrus allein im hellen Licht zu sehen, wie er durch den Hahnenschrei zur Besinnung und Umkehr gebracht wird.
Gegenüber löst ein Engel dem in Jerusalem gefangenen Petrus die Fesseln.
Oberhalb der Orgel ist die alte Überlieferung abgebildet, nach der Petrus sich der übertragenen Verantwortung durch die Flucht aus Rom entziehen wollte, wobei ihm der kreuztragende Jesus am Stadttor begegnet. Der durch die Erscheinung aufgehaltene Petrus fragt Christus erstaunt: „Wohin gehst Du, Herr?“ – „Ich gehe in die Stadt, um mich kreuzigen zu lassen.“ – Aufgerüttelt und ermuntert durch die Begegnung mit dem tapferen Herrn kehrt Petrus um und geht seinem Schicksal mutig entgegen.
Folgerichtig ist dementsprechend nach der Abbildung der Heilig-Geist-Taube im Deckenfeld oberhalb des Chorbogens das Leiden und Sterben Petri für den Herrn am Kreuz mit dem Kopf nach unten dargestellt.
Zum Abschluss findet sich im Chorraum die Verherrlichung des Petrus als segnender Stellvertreter Christi auf Erden mit der Tiara, der alten Papstkrone, auf dem Lehrstuhl, der Kathedra Petri, assistiert von einem Engel, der die Bibel mit dem Petrusschlüssel in Händen hält.
Alle Fresken sind zur Erbauungszeit der Kirche entstanden. Bei der nun beendeten Innenrenovierung der Kirche wurden die Raumschale, die Apostelkreuze an den Wänden und die Altäre der ursprünglichen Fassung entsprechend wiederhergestellt, ebenso die Apostelleuchter nach einem erhaltenen Exemplar der Barockzeit.
Mögen nun viele Besucher und Beter im geöffneten Gotteshaus von St. Peter und Paul in Reißing allein oder in der Gemeinschaft der Kirche beim Gottesdienst die Wahrheit des Schriftwortes entdecken: „Die Freude am Herrn ist eure Stärke!“ (Nehemia 8,10 b)
Anmerkung handschriftlich: Bis März 2009 sind wir von Weltenburg betreut worden.